
Kosten für Fluktuation und Maßnahmen aufwiegen
Retention Management ist ein wichtiges Stichwort für Unternehmen. Die Strategie soll Mitarbeiter:innen langfristig an das Unternehmen binden und die Fluktuation verringern. Tendenziell steigt die Fluktuationsrate bei guter Arbeitsmarktlage: Das Entlassungsrisiko ist niedrig und Mitarbeiter:innen haben mehr Optionen bei einem Arbeitgeberwechsel. Besonders hoch war die Fluktuation laut iwd-Branchenranking in folgenden Branchen:
- Arbeitnehmerüberlassung: Im Schnitt wechseln Zeitarbeitsfirmen ihre Mitarbeiter:innen binnen eines Jahres einmal vollständig aus. Laut iwd ist das ein Signal dafür, dass die Branche ihre Kernfunktion erfüllt. Sie dient als Sprungbrett für Beschäftigte, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen (Klebeeffekt). Mehr zu den Chancen der Zeitarbeit lest Ihr in unserem Blog: Zeitarbeit als Perspektive.
- Land-, Forstwirtschaft und Fischerei
- Gastgewerbe
- Information und Kommunikation
Am stabilsten ist die Belegschaft im Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen und öffentliche Verwaltung.
3 Arten von Commitment
Für Unternehmen ist eine Stellenbesetzung meist kostspielig. Rekrutierung und Einarbeitung kosten Zeit und Ressourcen – beides lässt sich z. B. durch digitale Infrastruktur reduzieren. Die Kosten der Mitarbeiterbindung fallen weniger ins Gewicht, wenn an anderer Stelle Kosten vermieden werden (z. B. Fluktuationskosten). Eines der wichtigsten Instrumente für die Bindung der Arbeitnehmer:innen ist das interne Personalmarketing und Employer Branding. Im Unterschied zum externen Personalmarketing spielt die Arbeitgeberpositionierung nach innen eine Rolle. Dabei stehen die Wünsche der Mitarbeiter:innen im Fokus. Um Mitarbeiterbindung strategisch zu praktizieren ist es sinnvoll, die Arten der Bindung zu kennen.
- Affektives Commitment: Mitarbeiter:innen fühlen sich emotional mit ihrem Unternehmen verbunden. Sie identifizieren sich mit ihrem Arbeitgeber und dessen Werten. Die Kommunikation von Unternehmenswerten, Mission und Vision sind wichtige Bausteine im internen Personalmarketing. Auch das Teambuildung (Was ist Teamarbeit?) und die Führungskultur spielen eine Rolle bei der Stärkung affektiver Bindung.
- Normatives Commitment: Arbeitnehmer:innen empfinden eine normative Bindung gegenüber ihrem Unternehmen. Sprich: Sie fühlen sich ihrem Arbeitgeber verpflichtet. Dies kann z. B. der Fall sein, weil sie ihrem Arbeitgeber dankbar sind, besondere Unterstützung erfahren oder geleistet haben.
- Kalkulatorisches Commitment: Eine Person wiegt ab, welche Vor- und Nachteile ihr die Tätigkeit im Unternehmen bringt. Bei schwacher Arbeitsmarktlage kann ein Stellenwechsel mit hohen Kosten verbunden sein.
Für High Potentials wird meist eine qualifikationsorientierte Bindung angestrebt. Diese setzt auf Weiterbildungen, Karrierechancen und die Ausgestaltung der Arbeitsinhalte.
Einen positiven Zusammenhang sehen Expert:innen v. a. zwischen affektivem oder normativem Commitment und Arbeitsleistung.
Employer Branding in der Praxis
Zentrale Ansatzpunkte für das interne Personalmarketing und Employer Branding sind Arbeitsplatzgestaltung, Unternehmens- und Führungskultur. Zwei Wege sind wichtig: die Kommunikation der Werte und ihre Verankerung in der Unternehmenskultur. Wichtige Grundsätze sollen kommuniziert und gelebt werden. Ein Instrument ist die Schaffung kulturadäquater Anreizsysteme (z. B. eine positive Work-Life-Balance, Karriereperspektiven, eine Fehlerkultur oder monetäre Leistungsanreize). Die Führungskultur sagt viel über die Unternehmenswerte und die Art der Zusammenarbeit aus. Ist sie z. B. eher kooperativ, laissez-faire oder autoritär? In unserem Glossar informieren wird ausführlich zum Thema Personalführung.
Meist ist es sinnvoll, Mitarbeiter:innen in das Employer Branding einzubeziehen. In Meetings oder (anonym) per Fragebogen geben sie Auskunft über den Ist-Zustand und möglichen Verbesserungsbedarf. Die Integration der Beschäftigten in den Prozess signalisiert, dass ihre Meinung zählt. Manchmal bewirken schon kleine Maßnahmen viel Positives, z. B. eine Verschönerung des Arbeitsplatzes oder die Modernisierung der Infrastruktur.
Welche Vorteile haben internes Personalmarketing und Employer Branding?
Die Bindung qualifizierten Personals ist ein wichtiger Vorteil des internen Personalmarketings und Employer Brandings. Arbeitgeber schärfen ihr Profil bzw. die Arbeitgebermarke gegenüber den eigenen Mitarbeiter:innen. Wie im externen Personalmarketing werden Kernaussagen in einer Art Employee Value Proposition formuliert. Wie ein roter Faden ziehen sie sich durch die interne Kommunikation, um eine gemeinsame Identifikationsbasis zu schaffen. Einen besonderen Stellenwert gewinnt das interne Personalmarketing in Zeiten von Fachkräfteengpässen und Stellenbesetzungsproblemen. Im Zuge des demographischen Wandels sinkt die Zahl der Personen im arbeitsmarktfähigen Alter. Das interne Personalmarketing und Employer Branding kann das Retention- und Nachwuchsmanagement ergänzen. Es kann zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und Motivation stärker gebundener Mitarbeiter:innen beitragen. Dies wiederum kann sich positiv abfärben auf die Rekrutierung neuen Personals. Es lässt sich deshalb als Grundlage für eine glaubwürdige Reputation und für das externe Personalmarketing betrachten. Das Unternehmen erhält gute Mitarbeiterbewertungen und profitiert von einem angenehmen Arbeitsklima. Zufriedene Mitarbeiter:innen sind meist eher bereit, ihr Unternehmen weiterzuempfehlen, was im Rahmen von Mitarbeiterempfehlungs-Programmen nutzbar wird. Die Online-Welt bietet eine ideale Plattform, um den Unternehmensalltag aus Mitarbeitersicht zu kommunizieren, z. B. via Blog: Blogging als Instrument im Personalmarketing. Darüber hinaus zeigen stark gebundene Mitarbeiter:innen ein kundenorientiertes Arbeitsverhalten und beeinflussen, wie Kund:innen das Unternehmen wahrnehmen.
Studie: Karriereseiten-Check 2020
Wie gut sind deutsche Karriereseiten bereits aufgestellt? Diese Studie hat die Onlineauftritte verschiedener Personaldienstleister analysiert und ist zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen.
Fazit
Internes Personalmarketing wird oft vernachlässigt. Unternehmen konzentrieren sich auf das externe Employer Branding, um qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Dabei bietet das interne Employer Branding praktische Synergieeffekte. Es ist die Grundlage für eine kommunikativ vermittelte optimierte Arbeitsplatzgestaltung – möglichst unter Einbezug der Mitarbeiter:innen. Arbeitnehmer:innen leben Unternehmenswerte im Arbeitsalltag und identifizieren sich mit ihnen. Sie fungieren ganz natürlich als glaubwürdige Botschafter:innen ihres Unternehmens und tragen zu einem attraktiven Arbeitgeberimage bei.
Quelle Foto: © Mangostar / Adobe Stock

Farid Jammali
Farid Jammali ist Leiter Marketing und Spezialist im Bereich Inbound-, UX- und Performance-Marketing mit Studienabschluss in International Marketing.