
iGZ ruft Bund zu weiteren Maßnahmen in der Zeitarbeit auf
Die Zeitarbeitsbranche ist bekanntlich extrem konjunkturabhängig und hat in unsicheren Zeiten wie zuletzt der Wirtschaftskrise und der aktuellen Corona-Pandemie naturgemäß besonders große Vermittlungsprobleme. Aus diesem Grund formulierte der iGZ in einem aktuellen Positionspapier einige klare Forderungen hinsichtlich der Corona-Krise und deren Auswirkungen auf die Zeitarbeit. So begrüßt der Interessenverband die bisherigen Beschlüsse in puncto Kurzarbeitergeld – sieht jedoch weiteren Handlungsbedarf seitens der Gesetzgeber.
KUG-Berechnung für Zeitarbeitnehmer
Die Koalitionsspitzen haben sich darauf geeinigt, die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld (KUG) zu lockern – auch für die Zeitarbeit. Im Zuge dessen wurde das AÜG angepasst und § 11 Absatz 4 Satz 3 aufgehoben bzw. durch § 11a ersetzt. Das KUG beläuft sich regulär auf ca. 60-67% des ausgefallenen pauschalisierten Nettoentgelts. Die komplexen Tarife in der Zeitarbeit sowie die vielen verschiedenen Branchenzuschläge verkomplizieren die Berechnung und sorgen für Unsicherheiten seitens der Personaldienstleister. Aus diesem Grund bittet der iGZ, unbedingt die Vergütung zu berücksichtigen, die Zeitarbeitnehmer während ihres Einsatzes erhalten haben. Auch die aktuelle Beschränkung ist laut iGZ nicht angemessen: Momentan ist von einem zeitlich limitierten KUG-Zugang die Rede – in seinem Positionspapier fordert der Verband die Entfristung dieser Möglichkeit.
Lesen Sie in unserem Beitrag „Kurzarbeitergeld für Zeitarbeit?“ mehr zum Thema.
Aufhebung des Mindestquorums
Die Politik hat im Hinblick auf die Corona-Krise schnell regiert und bei der Lockerung des KUG auch die Zeitarbeit miteinbezogen. Diese Maßnahme wurde von der Branche wohlwollend beobachtet – ist laut iGZ Geschäftsführer Werner Stolz allerdings nur ein erster von weiteren Schritten.
Eine weitere sinnvolle Maßnahme wäre, dass Kurzarbeit im Kundenbetrieb auch auch ohne die Einhaltung eines Quorums angemeldet werden kann - momentan muss ein Quorum von mindestens 10 Prozent erfüllt sein. Zeitarbeitnehmer erhalten also nicht automatisch KUG, wenn auch der Kunde dies beantragt hat. Es ist jedoch möglich, dass der Kunde Kurzarbeit anmeldet, ohne zuvor alle Zeitarbeitnehmer abmelden zu müssen.
Zeitarbeitsbranche steht vor bürokratischen Hürden
Das AÜG sieht vor, dass Arbeitnehmerüberlassungsverträge schriftlich festgehalten werden müssen („Schriftformerfordernis“, § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Zeitgemäße Varianten wie E-Mail o.Ä.? Fehlanzeige. Angesichts der Corona-Pandemie sind digitalisierte Prozesse jedoch ein unverzichtbarer Kit, der Unternehmen, Belegschaft und sonstige Geschäftsbeziehungen zusammenhält.
Während viele andere Branchen längst virtuell vernetzt sind und das Virus auch als Digitalisierungstreiber zu spüren bekommen, wirkt die Arbeit von Personaldienstleistern regelrecht angestaubt: Disponenten fahren häufig zum Einsatzbetrieb und kümmern sich vor Ort um die Unterzeichnung der Vereinbarungen. Warum fährt der Disponent persönlich zum Einsatzbetrieb? Weil Zeitarbeitnehmer naturgemäß in turbulenten Phasen einspringen. Schnell und „unkompliziert“. Eine postalische Abwicklung der vertraglichen Voraussetzungen dauert oft einfach zu lang.
Die im AÜG festgehaltene Schriftformerfordernis setzt auf persönlichen Kontakt – ein Verhalten, das während der Corona-Pandemie eine offizielle Gesundheitsgefährdung darstellt. Deshalb ist es laut iGZ höchste Zeit, § 12 des AÜG abzuwandeln und die Schrift- durch die Textform zu ersetzen.
Anmerkung: Der juristische Unterschied zwischen Schrift- und Textform besteht darin, dass die Schriftform eine Unterschrift zwingend voraussetzt, die Textform nicht.
Nicht erst seit Corona: Zeitarbeitsunternehmen wenig digitalisiert
Die Coronakrise spült bekannte Herausforderungen mit massivem Druck an die Oberfläche. So ist seit Jahren davon die Rede, dass Deutschland im EU-Durchschnitt nur digitales Mittelmaß ist:

Im Rahmen der Pandemie sind viele Unternehmen gezwungen, ihre Belegschaft ins Homeoffice zu schicken – und vielerorts funktioniert diese Umstellung erstaunlich gut . Auch hier sind digitalisierte Prozesse maßgeblich, um Teams miteinander zu vernetzen bzw. ihnen die Heimarbeit überhaupt zu ermöglichen.
Ist das Coronavirus vielleicht auch in der Zeitarbeit die längst überfällige Initialzündung für mehr Digitalisierung? Die PwC-Studie ermittelte 2018, dass vor allem Recruiting und Verwaltung bereits stückweise digitalisiert sind, zeigte aber auch, wo noch Bedarf besteht:
- Verwaltung: 78%
- Recruiting: 66%
- Kundenmanagement: 34%
- Kommunikation: 32%
- andere: 4%
Die Zahlen enthüllen, dass vor allem beim Kundenmanagement und in der Kommunikation viel Luft nach oben ist. Die Forderung des iGZ, Prozesse zu digitalisieren (z.B. durch die Abschaffung der Schriftformerfordernis), sind daher durchaus berechtigt und würden die Zeitarbeitsbranche langfristig zukunftsfähiger machen.
Fazit
Das Coronavirus treibt die Digitalisierung in vielen Bereichen zurzeit maßgeblich voran. Auch Personaldienstleister sollten von diesen Entwicklungen profitieren – indem der Gesetzgeber z.B. das AÜG an den entsprechenden Stellen anpasst. In vielen Bereichen kann die Zeitarbeitsbranche jedoch auch durch Eigeninitiative glänzen und z.B. mit entsprechender Software aufrüsten. Eine Entbürokratisierung der Zeitarbeit ist in jedem Fall ein effektives Mittel, um Prozesse zu beschleunigen und auch in Krisenzeiten schnell reagieren zu können.
Quelle Foto: © Joaquin Corbalan / Adobe Stock
