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15.02.2019 Alle Artikel

Aktuelles Urteil zum Abzug von Minusstunden

Aktuelles Urteil zum Abzug von Minusstunden

Das LAG Köln hat geurteilt: Ein Verleiher darf das Arbeitszeitkonto mit Minusstunden belasten, sofern der Entleiher den Zeitarbeitnehmer aus Beschäftigungsmangel nicht einsetzen kann. Dies gilt, wenn der Zeitarbeiter fest bei einem Entleihunternehmen eingesetzt und nicht anderweitig einsetzbar ist. In dem besagten Urteil hatte ein Leiharbeitnehmer seine Arbeitgeberin verklagt und eine Gutschrift seiner eingetragenen Minusstunden gefordert: Der Arbeitnehmer war durchgängig am Flughafen Köln/Bonn in der Flugzeugabfertigung beschäftigt. Aufgrund rückläufiger Passagierzahlen kam es zu schwankenden Arbeitszeiten sowohl bei der Stammbelegschaft als auch beim Drittpersonal. Im Vertrag des Zeitarbeitnehmers waren 130 Stunden als Mindestarbeitszeit angesetzt. Die tatsächliche Arbeitszeit betrug im Mai 2015 nur 68,25 Stunden und im Juni 2015 103,42 Stunden. Die Differenz zwischen geleisteten und geschuldeten Arbeitsstunden (88,33) wurden im tariflichen Arbeitszeitkonto als Abzugsposition verbucht. Der Zeitarbeitnehmer verlangte daraufhin eine Wiedergutschrift der abgezogenen Stunden. Das Gericht wies die Klage des Zeitarbeitnehmers ab: Die Auftragsschwankungen beträfen die gesamte Belegschaft und seien Teil des allgemeinen Beschäftigungsrisikos. Da der Leiharbeitnehmer durchgängig bei dem Entleiher im Einsatz war und der Verleiher ihn nicht anderweitig einsetzen konnte, handele es sich nicht um verleihfreie Zeiten. Es liege kein Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor. Hinzu komme, dass für den Zeitarbeiter keine unverhältnismäßigen Belastungen entstünden: Gemäß § 4.4 MTV BZA ist das Arbeitszeitkonto spätestens nach 12 Monaten auszugleichen. Bei Ausscheiden des Mitarbeiters im Falle einer Eigenkündigung oder außerordentlichen Kündigung werden Minusstunden begrenzt mit bis zu 35 Stunden verrechnet (§ 4.6). Derzeit ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig, das LAG Köln hat Revision gegen das Urteil zugelassen. Die Entscheidung kann noch abgeändert werden.

Minusstunden in verleihfreien Zeiten

In verleihfreien Zeiten trägt der Personaldienstleister das Beschäftigungsrisiko: Er ist dafür verantwortlich, dass der Zeitarbeiter Beschäftigung findet. Befindet sich ein Leiharbeiter zwischen zwei Einsätzen, werden die Minusstunden nicht tangiert. Kann ein Verleiher seinen regulär angestellten Zeitarbeitnehmer nicht einsetzen, erhält dieser in Nichteinsatzzeiten weiterhin sein Entgelt inklusive Sozialleistungen. § 615 Satz 1 BGB regelt die Vergütung bei Annahmeverzug und Betriebsrisiko: „Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen“. Das Recht des Zeitarbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug kann laut AÜG nicht vertraglich aufgehoben werden (§ 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Das Risiko der Nichtbeschäftigung darf der Verleiher nicht auf seinen Arbeitnehmer abwälzen. Zu diesem Sachverhalt existieren verschiedene Urteile, z. B.  das Urteil vom 17.12.2014 – 15 Sa 982/14 vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Das Gericht hatte zugunsten der Klägerin entschieden, dass ein Abbau von Plusstunden aufgrund fehlender Einsatzzeiten und eine Abwälzung des Unternehmensrisikos auf den Zeitarbeiter nicht möglich ist. Im BAG Urteil vom 16.4.2014 hat das Gericht einige Voraussetzungen für den Eintritt eines Annahmeverzugs definiert.

Wie funktioniert ein Arbeitszeitkonto?

Das Arbeitszeitkonto ermöglicht eine Saldierung von tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden (Ist-Stunden) mit den zu leistenden Arbeitsstunden (Soll-Stunden). Das AZK dient dem Ausgleich zwischen den vereinbarten individuellen Arbeitszeiten und der tatsächlichen Arbeitszeit. Überschreitet die tatsächliche Arbeitszeit die vertraglich geregelte, kann der Zeitarbeitnehmer Plusstunden als Zeitguthaben ansammeln. Bei einer Unterschreitung der Vertragsarbeitszeit, fallen Minusstunden bzw. Zeitschulden an. Beide sind innerhalb eines definierten Zeitraums auszugleichen. Für die Plusstunden kann ein Freizeitausgleich oder ein monetärer Ausgleich erfolgen. Die regelmäßigen Arbeitszeiten und zulässigen Plus- oder Minusstunden regeln die Tarifverträge von iGZ (Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen) und BAP (Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister). Konkrete Regelungen zum Vorgehen und zu den Ober- und Untergrenzen finden sich im entsprechenden Tarifvertrag. Der Vertrag der iGZ-DGB-Tarifgemeinschaft (2017-2019) sieht ein Maximum von 150 Plusstunden und 21 Minusstunden vor (3.2.2.). Zeitguthaben über 105 Stunden können auf Verlangen des Zeitarbeiters ausgezahlt werden (3.2.7.) Plusstunden sind in der Regel durch Freizeitausgleich abzugelten: Arbeitgeber und Arbeitnehmer verfügen in jedem Kalendermonat frei über 2 Arbeitstage an Zeitguthaben (3.2.3.). Bei Ausscheiden des Arbeitnehmers, hat dieser die Möglichkeit, Minusstunden durch Arbeit auszugleichen oder der Betrag wird mit Entgeltansprüchen verrechnet bzw. zurückgezahlt. Plusstunden werden ausgezahlt (3.2.4.). Zuschläge und Zulagen werden nicht auf das AZK übertragen (3.2.6.). Gemäß Tarifvertrag Zeitarbeit der BAP/DGB-Tarifgemeinschaft liegt die Maximalgrenze der Plusstunden bei 200 – bei saisonalen Schwankungen im Einzelfall bei 230 (§ 4.3).

Softwaregestützte Zeiterfassung

Zur Führung eines Arbeitszeitkontos müssen Arbeitszeiten regelmäßig dokumentiert werden, z. B. per Web, Zeiterfassungsterminal und App. Die softwaregestützte Arbeitszeiterfassung ermöglicht eine schnelle Dokumentation und sichere Weiterverarbeitung von Arbeitszeitdaten. Die Daten werden in Echtzeit an die Zeitarbeitssoftware übertragen und lassen sich für die Lohn- und Gehaltsabrechnung nutzen.

Fazit

Ein Zeitarbeitnehmer erhält in Nichteinsatzzeiten weiterhin sein Arbeitsentgelt inklusive Sozialleistungen (Recht auf Vergütung bei Annahmeverzug). Das Beschäftigungsrisiko trägt der Arbeitgeber. Ein Abbau von Plusstunden aufgrund fehlender Einsatzzeiten und eine Abwälzung des Risikos auf den Leiharbeiter ist nicht zulässig. Das LAG Köln hat kürzlich in einem Fall entschieden, dass die Belastung des Arbeitszeitkontos mit Minusstunden unter spezifischen Bedingungen zulässig ist: Der Kläger war fest bei einem Entleiher im Einsatz und durch den Verleiher nicht anderweitig einsetzbar. Aufgrund schwankender Auftragslage des Entleihers, die auch die Stammbelegschaft betraf, konnte die vertraglich geregelte Mindestarbeitszeit nicht eingehalten werden. Der Arbeitgeber hatte die Differenz als Minusstunden verrechnet. Das Gericht entschied in dem Fall, dass das Vorgehen keine verleihfreien Zeiten betraf und die Situation einem allgemeinen Beschäftigungsrisiko geschuldet war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und das LAG Köln hat eine Revision zugelassen.

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